Joanna wuchs in einer kleinen, sehr traditionellen amerikanischen Stadt auf. Mit 16 wurde sie schwanger, mittellos, ohne Unterstützung und stand vor einer unmöglichen Entscheidung. Ihre tief religiösen Eltern sprachen mit ihr über Adoption. Abtreibung? Unmöglich; die nächste Klinik war über vier Autostunden entfernt. Sie war erst 17, als sie eine Tochter zur Welt brachte, die sie Sarah nannte.
Schon am nächsten Tag wurde Sarah in den Armen eines sorgfältig ausgewählten Adoptivelternpaares zu Hannah. Ein stiller Herzschmerz. Doch entgegen aller Erwartungen luden die neuen Eltern sie einige Monate später ein, das Mädchen zu besuchen. Das erste Treffen, zitternde Arme, ein Herz, hin- und hergerissen zwischen Trauer und Zärtlichkeit.
Eine gespannte, aber nie unzerbrechliche Bindung.
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Mit 20 Jahren lässt Joanna alles hinter sich, um am anderen Ende des Landes neu anzufangen. Ein Neuanfang, eine neue Liebesgeschichte, ein neues Kind. Und doch bleibt ein Teil von ihr mit dieser Vergangenheit verbunden, mit dem kleinen Mädchen, das zu früh geboren wurde.
Ein paar Jahre später, als sie zu Weihnachten in ihre Heimatstadt zurückkehrt, sieht sie die sechsjährige Hanna wieder auf der Treppe ihres Hauses. Das Kind begrüßt sie mit entwaffnender Leichtigkeit und flüstert sanft:
„Mama hat gesagt, Gott hat mich in deinen Bauch gelegt, weil sie mich nicht in ihren legen konnte.“
Aufregung. Eine stille Offenbarung. Die Bindung war nie gebrochen, nur schlummernd.
Und dann unerwartete Neuigkeiten.
Jahre vergehen, Besuche werden häufiger, SMS schreiben fast täglich. Joanna trifft den Teenager, den sie nicht großgezogen, aber nie aufgehört hat zu lieben.
Bis zu dem Tag, an dem Hanna, damals 13, ihr diese Nachricht schickt:
„Ich bin trans.“
Schock. Nicht wegen Ablehnung. Sondern aus Angst, etwas falsch zu machen. Joanna ist nicht seine rechtliche Mutter. Hat sie das Recht, zu reagieren? Ihn zu unterstützen? Ihn zu begleiten?
Sie entscheidet sich für die Liebe. Sie entscheidet sich, mit ihm zusammen zu sein.
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