Der Wachmann runzelte die Stirn.
„Bei diesem Blick, bist du dir da sicher?“, murmelte er, doch als er das Laken in der Hand des jungen Mannes sah, ließ er ihn schließlich passieren.
Luis nahm die Treppe in Zweierschritten auf einmal und betete dabei still. Als er die Rezeption erreichte, sah ihn das Mädchen hinter dem Tresen an, als käme er gerade aus einem Gewitter … was ja auch der Fall war.
—Ich bin hier zum Vorstellungsgespräch mit der Personalabteilung, ich bin Luis Herrera —, sagte er und versuchte dabei erfolglos, seine Haare zu richten.
Die Rezeptionistin tippte etwas ein und blickte ihn dann ohne viel Mitgefühl an.
—Herr Herrera, es tut uns leid. Der Vorgang ist abgeschlossen. Der Manager legt großen Wert auf Pünktlichkeit.
„Ich bin nur ein paar Minuten zu spät“, versuchte er zu erklären. „Ich musste einer Frau helfen; sie ist auf der Straße ohnmächtig geworden. Wenn ich könnte …“
Sie unterbrach ihn mit einem versöhnlichen Lächeln.
—Ich verstehe, aber der nächste Kandidat wurde bereits kontaktiert. Sie können Ihren Lebenslauf für zukünftige Stellenangebote einreichen.
Der Satz traf ihn wie ein Eimer Eiswasser … kälter als der Regen, der ihn durchnässte. Luis spürte, wie sich sein Magen zusammenkrampfte.
—Natürlich… danke —, murmelte er.
Sie verließ das Gebäude, die weiche Mappe fest in den Fingern, ihre Schuhe klackten bei jedem Schritt. Der Regen ließ langsam nach, doch der Himmel blieb grau. Sie suchte Schutz unter einem provisorischen Dach neben einem geschlossenen Zeitungskiosk. Sie setzte sich auf eine Plastikkiste, legte die Mappe auf die Knie und atmete tief durch, während sie gegen das Brennen in ihren Augen ankämpfte.
„Vielleicht hätte ich weitergehen sollen …“, dachte er wütend. Doch das Bild der alten Frau, die im Regen zitterte, schoss ihm durch den Kopf. Nein, das hätte er nicht tun können.
Er griff in seine Tasche, um sein Handy herauszuholen und seiner Mutter zu sagen, dass das Vorstellungsgespräch geplatzt war. Da vibrierte das Gerät. Eine neue Nachricht:
„Herr Luis Herrera, bitte kehren Sie ins Gebäude zurück. Die Geschäftsleitung möchte Sie sofort sprechen.“
Luis las sie zweimal und dachte, es sei ein Irrtum. Geschäftsleitung? Er hatte sich doch kaum für eine Einstiegsposition beworben. Er sah erneut auf den Bildschirm. Der Absender war eine Firmen-E-Mail. Er schluckte. Sein Herz raste.
